Schlafen Gehen. Erste Geschichte
Das Kind fragte, warum muss ich schlafen? und die Mutter antwortete, dass das eben so sei. Es wurde zugedeckt, seine Stirn wurde geküsst, das Licht gelöscht, die Tür geschlossen. Und da lag es…
Und es lag da…
Und jetzt lag es da...
Und da lag es jetzt…
Jetzt.
Jetzt!
Es – war – noch – nicht – müde!
Es wollte noch spielen! es wälzte sich im Bett. Oder, das Kind schaute sich in seinem Zimmer um, etwas vorgelesen bekommen! und wieder wälzte es sich und wälzte sich, und wieder wälzte es sich im Bett.
„He, Vorsicht!“
Erschrocken hielt es inne. Das Kopfkissen hatte gesprochen! direkt in sein Ohr.
„Danke.“
„Kindlein, morgen ist auch noch ein Tag.“
Dieses Mal war es die Bettdecke, mit einer Stimme, weich und schwer, direkt unter seinem Kinn. Aber wer sprach da?
„Du musst keine Angst haben“, flüsterte die Decke in einem warmen, gedämpften Ton.
Es hatte keine Angst.
„Genau! Wir sind deine Freunde!“
Auch die Stimme seines Kissens war gedämpft, nur ein wenig höher. Und auch die Matratze ließ ein freundliches, aber unverständliches Murmeln verlauten. Dann sprach die Decke in feierlichem Ernst und mit Sanftmut in der Stimme.
„Weißt du, Schlaf ist wichtig. Du erholst dich und dann bist du morgens wieder munter“.
Aber es wusste nicht. Es verstand nicht. Es war doch jetzt munter. Wieso musste es schlafen? und es wälzte sich, und es wälzte sich wieder, und es wälzte sich im Bett.
„He!“
„Ach!“
„Gute Nacht“, eine Stimme samtig weich und schwer grüßte und unterbrach die lärmende Bettgesellschaft. Dann trat sie in Gestalt aus dem Dunkeln an sie heran.
„Du meine Güte! Auch Ihnen eine gute Nacht!“
Die Gestalt war lang und dünn. Das Kind hatte aufgehört, sich zu wälzen und machte große Augen. Die Decke flüsterte, so dass es alle hören konnten: „Kind, benimm dich! Das ist der ehrenwerte Herr Schlaf!“
Der Herr Schlaf hielt sich leicht gebeugt, denn in Kinderzimmern wie diesem hatte er nicht so richtig Platz. Auf seinem leicht schräg gehaltenen Kopf saß etwas schief ein großer schwarzer Zylinder und unter diesem schaute er mit zwei müden Augen ausdruckslos. Von der Müdigkeit unterlaufen waren seine Augen, die Wangen eingesunken, seine Haut war bleich. Er machte einen schrecklichen, schrecklich müden Eindruck.
„Machen Sie nur weiter, ich wollte sie nicht unterbrechen“, der Herr Schlaf.
„Aber nicht doch“, die Decke, „der werte Herr Schlaf hat doch sicher“ – das Kind fing wieder an sich zu wälzen.
„Ich habe dir doch gesagt, benimm! dich!“, die sonst weiche Stimme der Decke hatte einen spitzen Klang angenommen und der Herr Schlaf zuckte gequält zusammen.
„Liebe Frau Decke, ich bitte Sie…“
Der Herr Schlaf sah sehr mitgenommen aus.
„Oh, entschuldigen Sie!“, und im Flüsterton fügte sie an, wieder so, dass es alle hören konnten: „Aber das Kind will einfach nicht schlafen!“
„Lassen Sie es doch.“
Der Herr Schlaf beugte sich lang und dürr über das Bett. Es hörte auf und schaute ihn unerschrocken mit großen Augen an.
„Es wird schlafen, wenn es schläft. Sehen Sie das nicht so eng.“
„Natürlich, natürlich. Sie haben vollkommen recht!“
Die Bettdecke beteuerte, dass sie verstanden hatte, und auch das Kissen aufgeregt mit etwas Verspätung. Die Matratze gab wieder nur ein verdrücktes Murmeln von sich.
Das Kind fing wieder an sich zu wälzen, und es wälzte sich und es wälzte. Der Herr Schlaf musterte müde das Bettzeug, aber die Decke und auch das Kissen blieben still.
Irgendwann hörte das Kind auf. Ermattet erhob der Herr Schlaf ein letztes Mal die Stimme.
„Erlauben Sie, wenn ich mich setze.“
Müde nahm er seinen Zylinder vom Kopf und setzte sich ungelenk und schwerelos auf den unteren Rand des Bettes.