Im Gähnen eines Riesen

Träge hing ohne Schwung. Träge hing im müden Gähnen eines Riesen, der die Welt bedeutet. Sein Gähnen hielt und hält deshalb noch immer, ewig. Und weil das Gähnen ewig hält und deshalb nie endet, verschlingt es deshalb auch niemanden. Es verschlingt überhaupt gar nichts. Träge hing ohne Schwung. Träge hing im müden Gähnen eines Riesen, von dem er nichts wissen wollte, nicht mehr. Als Kind schon hatte er lernen müssen und hatte sich von der getriebenen Belanglosigkeit der Menschen freigestellt. Diese Untiere hetzten unter Lappalien ein ganzes Leben vor sich her, unter deren Verästelungen man meinen könnte, dass Lappalien Bäume wären. Träge wollte nichts wissen, und das hatte er lernen müssen; nämlich dass es nichts zu lernen gab und dass da nichts zu wissen war. Nur das Gähnen, das Gähnen, das den Riesen erfasste, umfasste. Das Gähnen verschlingt den Riesen nicht. Es verschlingt überhaupt gar nichts. Nur angenommen, dass Lappalien Bäume wären, dann wären sie bestimmt mit Blüten bestückt, wunderlich duftend und vielfarben, ihre Früchte glänzend und süsser, süsser noch als jedes serpentinische Versprechen. Als Kind schon hatte er sich freigestellt, das hatte er lernen müssen. Als Kind schon hatte er sich gefragt: „Was wohl treibt die Menschen an?“ Er hatte das lernen müssen und hatte gelernt – das Einzige, was der Mensch zu wissen hat. Nämlich, dass der Mensch ein verrückt gewordener Affe ist. Ein getriebenes Untier nur dadurch, dass er sich eines Besseren wähnt. Die Nichtigkeit, auf der und mit der er thront, trägt viele Namen: Freier Wille, das Selbst, Vernunft, Sprache, Krone der Schöpfung – göttliche, Schicksal, Gerechtigkeit, Macht, Geschichte, Ehre, Nation, Religion, Kultur, Volk, Hautfarbe, Schönheit, der gute Geschmack, Eigentum, Erfolg... Träge aber hatte zu sich und zu sich als Tier zurückgefunden. Träge hatte das lernen müssen und wusste jetzt, dass da nichts zu wissen war und dass es da nichts zu lernen gab, und deshalb gähnte es, es gähnte herzhaft. Es hatte sich freigestellt. Nur angenommen, dass Lappalien Bäume wären mit Früchten noch süsser als der Kuss einer gespaltenen Zunge. Diese Bäume hätten vielleicht keine Äpfel, Birnen oder Kirschen, aber Kirschen als Äpfel und Äpfel als Birnen, Birnen als Kirschen, als Äpfel ... An diesen Bäumen hinge reichlich Schrott und Gerümpel, Schmuck und Plunder, Tand, und die vielen anderen Worte. Es wären die vielseitigsten, wortreichsten Bäume. An ihnen hinge auf Adventsbangen hin und Weihnachtsglück die Inhalte ganzer Supermärkte, Superinhalte. Es wären die vielseitigsten und wortreichsten Bäume, gegen die nur ein Gähnen hilft. Lappalie, Lappalie, Lappalien. Das klang wie ein Zauberspruch. Lappalie-lap-lap, Paplalie-apalie, Lappalien. Träge dachte sich und gähnte, in der Unendlichkeit fallen alle Kombinationen an. Auch das hatte er lernen müssen. Träge hing ohne Schwung. Träge hing im müden Gähnen eines Riesen, von dem er nichts wissen wollte. Als Kind schon hatte er lernen müssen und hatte sich von der getriebenen Belanglosigkeit der Menschen freigestellt.